Loch im Hosenboden
Um die Diagnose „kaputter Auspuff“ zu stellen, muss man nur die Hirndiode aus dem Hörgang ziehen
und das Gaspedal im Stand ein wenig antippen: brappt und wuppert es unterm Bodenblech, ist meist ein
kapitales Loch im Auspuff.
In diesem Fall sogar im Hosenrohr, also dem Stück Auspuff hinter dem Krümmer. Das ballert beim
Gasgeben besonders furios und ist definitiv nicht zu überhören. Weil das Rohr wegen einer Kopfreparatur
sowieso draußen war, haben wir das Ding geflickt, bevor es die Ordnungsmacht auf den Plan rief.
Prinzipiell benötigt man für die Reparatur nicht mehr als ein kaputtes Rohr, ein paar Zentimeter heiles
Rohr, einen Winkelschleifer und das obligatorische Schutzgas-Schweißgerät. Vermutlicht geht ́s sogar mit
Elektrode, erfordert dann jedoch ein wenig Übung.
Leck freilegen
Allen Auspuff-Malaisen ist gemein, dass sie das Auspuff-Blech meist großflächig anfressen. Damit verbieten sich schlichte Schweißnähte oder Auftragsschweißungen – sowas fiele im Zweifel durch und würde den Pott oder das Rohr verstopfen. Deswegen bleiben als Flickwerk nur echte Flicken übrig, also Blechstücke, die die marode Stelle großzügig überdecken und auf gesundem Material verankert werden.
Um die Größe des Flickens festlegen zu können, muss also zuvörderst die Flex ran, gerne mit einer grimmigen Zopfbürste. Den Rost oder das Loch bis auf einen gesunden Rand freilegen. Der muss in der Tat kerngesund sein; den Flicken auf halbgaren Rost zu kleben, ergibt keinen Sinn.
Ob man diese Reparatur am ein- oder ausgebauten Auspuff ins Werk setzt, ist natürlich egal. Einfacher gehts – wie hier – am Schraubstock. Ansonsten: Batterie abklemmen!
Passende Rohr-Flicken
Für den Flicken eignet sich prinzipiell alles, was sich verschweißen lässt, also zerpflückte Waschmaschinen, kaputte Schiebedächer oder plattgekloppte Raketenbleche aus Baikonur. Insgesamt jedoch mühsam und suboptimal, weil das Gute meist bereits in der Schrottkiste wartet:
Hier liegen Auspuff-Kollegen bestattet, die trotz 5% Löchern oft immer noch 95% intaktes Material spenden können. Das hat zwei Vorteile: Zum einen bestehen Pötte und Rohre in aller Regel aus interessanten, halbedelstahlartigem Material, das sich prima verschweißen lässt.
Zum Anderen haben kaputte Auspuffe meist die Form von heilen Auspuffen und bieten deswegen fast immer irgendeinen Knick oder Bogen oder Knie, das sich als Bandage für den kaputten Cousin verwenden lässt.
In unserem Fall ist es ein 1,9 Liter Dieselpassat, dessen etwas dickeres Hosenrohr die Bandage für den 1,6 Liter Dieselgolf abgibt. Andersherum ginge es natürlich auch, in diesem Fall müsste das Blech mit dem Hammer leicht nachgeformt werden.
Auspuffrohr anpassen
Bleibt nach der Blutgruppenauswahl nur ein Spender übrig, trennt man ein Stück Rohr passend ab.
Davon braucht es selten den ganzen Umfang, also 360°. Hier reichen ein sattes Drittel – ebenfalls die Flex in Anschlag bringen und großzügig zurichten.
Anschließend entgraten und mit dem Hammer an die Reparatur-Stelle anpassen.
Hosenrohr schweißen
Damit der Flicken beim ersten Heftpunkt nicht verrutscht, lohnt sich das Fixieren mit einer Crimpzange. Anschließend rundum heften und dann mit Genuss durchschweißen.
Darauf achten, dass das Schweißbad nicht zu tief einbrennt – Querschnittsverengungen im Auspuffrohr verursachen immer (!) Minderleistung bei Vollgas und stören den Gaswechsel.
Kunstwerk in Rotglut
Wie das Kunstwerk anschließend aussieht, ist beinahe egal – in diesem Fall zählt ausschließlich die Funktion. Ebenso sekundär, ob man die Nähte noch verputzt. In diesem Fall haben konnten wir nicht anders und haben überschüssiges Material abgetragen.
Ein Hauch Rostschutzfarbe oder Zinkspray kann nicht schaden, sollte aber in jedem Fall die Temperaturen abkönnen, die so ein Auspuff erreicht. Im Fall des Hosenrohrs können das überladenem Hänger und durchgetretenem Pedal in den Kasseler Bergen durchaus 700 – 900 °C bei dunkelrotglut werden.
Akustisch ist die Reparatur jedoch über jeden Zweifel erhaben und erfreut mit normal-leisem Gesäusel des Fahrzeugs bei Stand- und Vollgas, so dass die Kinder ihre Hirndioden wieder beruhigt in die Hörgänge stöpseln können.