Das Schutzgas-Gerät an sich
Lässt man seine trüben Augen in einer Metall- oder Autowerkstatt schweifen, bleibt man irgendwo an einer Kiste hängen, an der hinten eine Gasflasche dranklebt. Das ganze Teil steht auf Rollen und verfügt über ein paar Schalter, Knöpfe und zwei Strippen, die malerisch über dem Manometer der Flasche hängen. Man erblickt den Stolz einer jeden Werkstatt: Das Schutzgasschweißgerät.
Geht es um das „Zubraten“ von Löchern im vergilbten Vectra-Schweller oder das Anfertigen einer gewagten Hilfskonstruktion, wird meist diese Wunderkiste bemüht. Woraus besteht aber ein Schutzgasschweißgerät? Was ist das überhaupt? Wie schon im Artikel „Schweißtrafo“ breitgetreten, bildet ein Trafo im Inneren des Geräts das Herzstück aller Schutzgas-Schweißerei.
Er spannt die für uns ungesunden 400 Volt der Werkstatt-Steckdose auf ein Maß herunter, dass uns nicht sofort das Licht auspustet, wenn wir Brenner und Werkstückmasse gleichzeitig anpacken und auf den Auslöseknopf am Brenner drücken.
Moderne Apparate können auch über Inverter verfügen oder den Strom elektronisch „pulsen“ – die Wirkung ist jedoch stets gleich: Hohe Spannung aus dem Stromnetz wird heruntergespannt, um damit schweißen zu können.
Schutzgas-Draht
Grundlegender Unterschied ist jedoch die Form der Elektrode und die Art und Weise, wie das
Schweißbad vor Luftsauerstoff geschützt wird. Das Zusatzmaterial und die Elektrode ist beim
Schutzgasschweißen ein Draht, der von einer Vorschubeinrichtung durch das Schlauchpaket zum Brenner
geschoben wird.
Dort läuft er durch eine Stromkontakthülse, die ihn mit Schweißstrom versorgt. Ab diesem Punkt brennt
der Lichtbogen zum Werkstück: Das Vorschubgerät fördert, der Draht brennt ab und verbindet sich mit
dem Werkstück.
Dieser Draht kann dabei aus unterschiedlichstem Material sein; prinzipiell lassen sich eine ganze Reihe
von Materialien unter Schutzgas verschweißen. Neben dem schnöden, niedrig legierten Stahl sind das vor
allem Aluminiumlegierungen und Edelstahl.
Vorschubeinrichtung
Um den Draht ins elektrische Feuer zu schieben, hat jedes MIGMAG-Gerät eine „Vorschubeinrichtung“.
Die fördert den Draht durch das Schlauchpaket. Kern der Anlage ist ein Gleichstrommotor, der fein und
stufenlos regelbar über ein Getriebe eine oder zwei Andruckrollen antreibt. Ein Profigerät hat
üblicherweise zwei Rollen – und fördert nahezu idiotensicher sicher und eignet sich auch für extralange
Schlauchpakete mit 5 Metern Länge.
Mittels einer wie auch immer konstruierten Vorrichtung kann man einstellen, mit wie viel „Nachdruck“
der Draht durch das Schlauchpaket geschoben wird. Hängt oder stottert der Schweiß-Stoff, gibt man hier
ein wenig mehr Druck auf die Andruckrollen.
Diese Andruckrollen haben an ihrem Umfang meist zwei Nuten für unterschiedliche Drahtdurchmesser.
Will man den anderen Durchmesser verschweißen, steckt man die Rolle einfach auf links.
Relais und Magnetventil
Ebenfalls im Gerät verborgen ist ein dickes Relais, das den Strom überhaupt erst einschaltet.
Wenn man den Knopf am Brenner drückt, schließt man den Steuerstromkreis, der das Schütz „Fungggg!“
anziehen lässt. Erst jetzt liegt der Schweißstrom am Brenner an.
Weil so ein Schütz teuer Geld kostet, liegt beim Billigheimer aus dem Baumarkt die Spannung mitunter
IMMER an der Stromkontaktdüse – das Gerät schaltet lediglich den Draht-Vorschub an und aus.
Logischerweise erlischt der Lichtbogen so nur durch das Abreißen des Lichtbogens. Das nervt kolossal,
weil man den Abbrand nicht genau regeln kann.
Ebenfalls am Steuerstromkreis hängt ein Magnetventil, das erst dann Schutzgas durch das Schlauchpaket
lässt, wenn auch geschweißt werden soll.
Brenner und Schlauchpaket
Der Brenner ist das Teil, das man immer in den Flossen hat. Aus einem Kunststoffteil in Griffform kuckt
oben eine gebogene Hülse raus, auf der die Gasdüse sitzt, die das Gas auf das Schweißbad richtet. Wenn
man die abschraubt, wird die Stromkontaktdüse sichtbar. In ihr wird der Draht geführt und mit Strom
versorgt. Wechselt man die Drahtstärke, muss man hier ebenfalls eine andere Düsen einbauen.
Das ganze Gerüssel lässt sich mit einem Dreh vom Schweißgerät trennen und austauschen, wenn kaputt.
Vor allem lassen sich kurze Schlauchpakete von meist nur 3m Länge gegen anständig lange Exemplare
von 5 Metern austauschen: Das erspart das nervige Gezerre und Geschiebe am Schweißgerät, wenn man
an unterschiedlichen Ecken des geliebten Kfz herumbrutzelt.
Neben einer Hülle, in der der Draht läuft, befindet sich darin ein Schlauch für das Schutzgas, eine
Stromzuleitung und zwei dünne Strippen für den Steuerstrom.
Und obwohl das alles schön eingemummelt und austauschbar ist, sollte man tunlichst vermeiden, dass der
grenzdebile Nachbar mit seinem pinkfarbenen Opel Senator darauf wendet – dem Mann kann man dann
nämlich gleich die Brieftasche aus der Jacke ziehen und dieselbe um einen 150-Euro-Schein erleichtern.
Schutzgas
Prinzipiell ist Schutzgasschweißen eines einfachsten und auch sichersten Schweißverfahren. Aber nur
prinzipiell. Ganz praktisch kann man sich dabei nämlich mit Knalleffekt um die Ecke bringen und sorgt
auch noch posthum für Gesprächsstoff am Schrauber-Stammtisch.
Besonderes Bonbon dabei ist das in Flaschen gepresste Schutzgas. Auf einer vollen Schutzgasflasche sind
nämlich 200 Bar, also Atmosphären. Der Wumms, der hinter dieser Zahl steht, ist nicht von Pappe – wer
schon mal einen rausgerissenen Wasserhahn in der Hand hatte und dann mit lumpigen 5 Bar Wasserdruck
kämpfte, kennt das.
In der Praxis fliegen Gasbuddeln Hunderte von Meter weit und durchschlagen Hallendächer, Mähdrescher
und doppelsteinige Ziegelwände problemlos. Wir empfehlen eindringlich, die Sicherheitshinweise zu
Gasflaschen (kommender Artikel) zu beachten.
MIGMAG-Gerät kaufen
Schutzgasgeräte purzeln in chinesischen Freihandelszonen vom Band oder werden im Schwarzwald
zusammen-manufakturiert. Dazwischen liegen Welten – in puncto Technik, Verarbeitung, Komfort und
Lebensdauer.
So werden Billiggeräte zwar schon für 200 Euro angeboten, sind aber stets schlampig verarbeitet, schlecht
ausgestattet und bringen die sagenhaften Stromstärken (wenn überhaupt) nur für sehr kurze Zeit. Finger
weg.
Bessere Geräte zeichnen sich durch eine Vorschubeinrichtung mit zwei Rollen aus, haben unter Volllast
wenigstens 30% Einschaltdauer und sind stabil verarbeitet. Das Schlauchpaket muss auswechselbar sein,
Die Stromzuleitung ist gutes Gummikabel mit 1,5mm2 oder dicker. Optional verfügen diese Geräte über
einen Drehstromanschluss. Preise: 350 – 1.000 Euro.
Die echte Profiklasse macht sich erstaunlich schnell bezahlt und erleichtert das Arbeiten enorm.
Alle Geräte verfügen über einen Drehstromanschluss, auswechselbare Schlauchpakete, solide
Vorschubeinrichtung und ein Gehäuse auf Rollen, die auch in der unebenen Scheune nicht ins Straucheln
kommen. Diese Geräte bringen die genannten Stromstärken wirklich und ersetzen dann nebenher auch
das Elektrodengerät.
Zu den Tränen der Freude gesellt sich hier jedoch ein ziehender Zahnschmerz: Trotz hoher Wertstabilität
kostet sowas ab .1500 Euro für Geräte mit 250 Ampere und bis 5000 Euro für Spitzenklasse mit 100% ED
bei 350 Ampere. Marken der Wahl: Jäckle, ESS, Oerlikon, ESAB, Cloos, Kemppi.
Müssen wir explizit erwähnen, dass die Damenwelt auf ausgemusterte, abgeschrammte Industriegeräte
von gestern steht und nur die inneren Werte zu schätzen weiß? Wohl kaum.
Weiter geht es mit dem Artikel zu Gas und Draht.