AnlasserReparieren

Anlasser reparieren

Frische Kraft am Ritzel

Wenn Kollektor, Lager oder Kohlen hinüber sind, kann sich die Reparatur lohnen. Unser Artikel zeigt, wie´s geht.

Anlasser ausbauen

Steht die Diagnose „Starter kaputt“ fest, baut man das Ding aus, um es auf der Werkbank zu sezieren. Statt Werkbank geht das natürlich auch bei Wolkenbruch im Campingplatz-Vorzelt – helles Licht und fester Untergrund sind jedoch einfach besser.
 
Vor allem lässt sich das Aggregat dann sicherer testen – dazu spannt man das Gerät fest in den Schraubstock, legt Masse ans Gehäuse, Saft an Dauerplus (Klemme 30) und brückt dann auf Klemme 50.
 
Funktioniert der Starter, springt das Ritzel aus seiner Ruheposition, während das ganze Gerät gleichzeitig einen ordentlichen Ruck tut und dreht.
Ordentlichen Ruck deswegen, weil der Motor ohne Last blitzartig hochläuft und damit ein erhebliches Drehmoment erzeugt. Unter Last (also echten Betriebsbedingungen) kann man den Starter nur im Fahrzeug testen.
 
Wir zerlegen hier einen 15 Jahre alten Bosch-Starter mit Glocke. Frei ausstechende Geräte oder Starter von Valeo, Marelli, Alanko und Co. sind teilweise anders aufgebaut, funktionieren jedoch genauso.

Einfach, schwer und kaputt: Bosch-Anlasser. Dieses Exemplar hat keine Power mehr.

Magnetschalter ersetzen

Magnetschalter und Startermotor sind getrennte Baugruppen; der Schalter lässt sich elegant vom eigentlichen Motor demontieren.
 
Verschraubt ist das Konstrukt an seiner Stirnseite mit zwei oder drei Schrauben: Schlitz & Kreuzschlitz bei älteren Modellen, Torx (z.B. TX 25) bei Baujahren nach der Jahrtausendwende.
Da das Aluminiumgussteil zu Kontaktkorrosion gegenüber einfacher Stahlsorten neigt, kommen hier öfter Edelstahlschrauben zum Einsatz – was freilich nicht heißt, dass sich diese problemlos lösen lassen.

Frei nach dem Motto: „Ist der Kopf erst ruiniert, bohrt es sich ganz ungeniert“ zwingt der geübte Autoschrauber auch die festgegammelsten Schrauben in die Defensive. Aufbohren oder den nächstgrößeren Torx- Bit in den Kopf hämmern hat sich in der Praxis ebenfalls tausendfach bewährt.
 
Damit hat der Magnetschalter verloren und verlässt seinen angestammten Platz. An seiner Spitze befindet sich die Lasche, mit deren Hilfe das Ritzel des Starters verschoben wird.
Der Kolben, auf dem die Spitze sitzt, lässt sich leicht verschieben (wenn nicht, leicht mit einfetten). Den kompletten Schalter gibt es als Ersatzteil für kleines Geld, Reparatursätze mit neuen Kontaktplatten, Kolben und Federn bietet der Handel eigentlich nur für sehr alte Modelle an.
 
Ein Blick in den Glockenkörper zeigt den Hebel, der für das Ein- und Ausrücken des Ritzels verantwortlich ist. Hier muss der neue Magnetschalter korrekt eingehängt werden – ein bisschen Fett oder Kupferpaste kann ebenfalls nicht schaden.

Magnetschalter sind inzwischen gerne mit Torx-Schrauben befestigt. Lassen die sich ohne Murren lösen: Glückwunsch! Dann liegt auch der …
Magnetschalter in seiner Schönheit auf der Werkbank. Die Lasche rechts greift in …
… den Hebel dieser Glocke und rückt die Ritelzwelle ein.

Lagerschild freilegen

Sollte der Austausch des Magnetschalters keine Besserung gebracht haben, muss nun das Gehäuse des Anlassermotors geöffnet werden.
Auch wenn Starter heutzutage bei zahllosen Herstellern vom Band purzeln, so sind sie doch fast immer gleich aufgebaut und ähneln Boschens Ur-Anlasser aus den 40er Jahren sehr.
Typischerweise sind die Baugruppen des Geräts elegant aus mehreren Teilen zusammengesteckt und werden von zwei oder vier langen Schrauben („Zugankern“) zusammengehalten.

Während das vordere Lager (mit dem Ritzel) erhebliche radiale Kräfte aufnimmt, ist das hintere Lager geradezu mager dimensioniert und sitzt in einem Blechdeckel, der von einer Kappe gegen Staub und Dreck abgeschirmt ist.
Kappe oder Blechdeckel abschrauben. In diesem Fall halten die beiden Schrauben des Deckels auch die darunter liegende Kontaktplatte mit den Bürsten.

Darunter liegt die Welle des Rotors, welche mit einer Sicherungsscheibe gesichert wird. Diesen mittels Schraubenzieher entfernen, ebenso die darunterliegende Unterlegscheibe und den Kork- oder Filzdichtring.

Der Stumpf der Motorwelle hockt unter einem Blech- oder Plastedeckel und ist mit einem Sicherungsring gegen axiale Verschiebung gesichert. Um alles zu zerlegen…
… müssen die Zuganker raus. Unter dem Deckel sieht´s dann so aus.

Anlassermotor

Um den eigentlichen Motor zu zerlegen, die beiden schwarzen Sechskantschrauben am Lagerschild herausdrehen. Mit SW7 versehen, halten sie den Elektromotor zusammen.
 
Das hintere Lager selbst ist nur in den seltensten Fällen ausgejuckelt. Zur Prüfung Welle und Lager trockenreiben und ineinanderstecken:
Hier darf etwas Spiel fühlbar sein. Neue Lager liegen dem Reparatursatz typischerweise bei – altes Lager herausschlagen und die neue Sinterbuchse vorsichtig mit einem Dorn auf ihren Platz begleiten.

Lagerschild mit eingepresstem Lager. Lässt sich austauschen, ist jedoch nur selten kaputt.
Unter dem Lagerschild: Die Kohlebürsten. Gut zu sehen: Der Abrieb, den die Bürsten beim Feuern auf dem Kollektor hinterlassen haben.

Bürsten, Kohlen, Bürstenhalter

Damit der Elektromotor in jeder Stellung anläuft, besitzt er viele Wicklungen und vier Bürsten (oder „Kohlen“), die auf dem Bürstenhalter hocken.
Staub und Abrieb vom Bürstenfeuer sind an dieser Stelle normal, sauber machen schadet nichts. Als nächstes nach dem Restzustand der Kohlen schauen:
Sind diese noch lang genug und können noch federn, oder hängen sie schon im vorderen Anschlag? Falls ja oder kurz davor – nicht lange fackeln und die Kohlen tauschen.
 
Die kleinen Lümmel sind heutzutage immer fest auf dem Bürstenhalter verlötet und werden nur noch im Satz und komplett mit diesem Halter ausgetauscht.
Ein Reparatursatz zusammen mit den Gleitlagern des Motors kosten rund 20 Euro und verleihen dem Starter neue Stärke.

Kuckstu: Diese Kohlen sind kurz vor knapp und nur noch für ein paar Startversuche gut. Austauschen!
Diese hier sehen deutlich besser aus und können in Oma Rüstigs altem Corsa noch ein weiteres Jahrzehnt überdauern.

Kollektor / Kommutator

Der Kollektor sammelt den Strom von den Bürsten ein und leitet ihn an die Spulen auf dem Rotor weiter.
Je nach Laufleistung und Lebenserfahrung des Anlassers kann das Ding mehr oder weniger starke Kampfspuren aufweisen; dabei ist ein die dunkle Färbung des Elektrokupfers völlig normal und braucht nicht weiter überarbeitet werden.

Hässlich hingegen Riefen und tiefe Laufspuren: Die verschleißen nicht nur neue Kohlen deutlich schneller, sondern sorgen für mehr Bürstenfeuer und weniger Leistung des Motors.
Um durch Unwucht nicht noch mehr Bürstenfeuer zu erzeugen, kann man tiefe Laufspuren eigentlich nur auf der Drehbank entfernen.
Dazu den Läufer sauber zentrieren (mit weniger als 5 Hundertstel Schlag) und mit einem scharfen Drehmeißel sauber abziehen. Anschließend mit 200er Schleifleinen mattieren.

Falls man nicht nur im Campingplatz-Vorzelt hockt, sondern im Hindukusch liegengeblieben ist, ist natürlich alles erlaubt:
Hier dienen Feile und Schleifpapier dazu, dem Ding irgendwie Leben einzuhauchen.

Dieses Exemplar hat durch hohe Ströme (Startversuch bei blockiertem Motor?) schwer gelitten – das Kupfer einzelner Lamellen ist glatt geschmolzen.
Sowas lässt sich nur abdrehen, die betroffene Wicklung fällt jedoch mehr oder weniger aus. Nicht vergessen, die Zwischenräume freizukratzen, weil festgebackenes Bürstenmaterial ja auch leitet und Kriechströme provoziert.

Ist der Läufer komplett hinüber, kann man ihn auch bei Onkel Bosch für 90 Taler neu kaufen.

Deckel ab, Diagnose klar: Hier ist der Kollektor beschädigt. Sieht…
… im Detail so aus. Dieser Starter wurde vermutlich brutal gequält.
Sowas kann man wieder hinkriegen, wenn man den Läufer in der Drehbank bearbeitet und den Kollektor weiter runterdreht. Im Gegensatz dazu…
… sieht eine normale Benutzung ziemlich undramatisch aus. Eine dunkle Lauffläche ist völlig normal. Nicht mit Schleifleinen bearbeiten!

Planetengetriebe

Hat man den Rotor rausgezogen, werden die Magneten im Inneren des Gehäuses sichtbar. Ebenso sieht man im unteren Teil das Planetengetriebe, welches die Drehzahl des Elektromotors in ein hohes Drehmoment umwandelt, um den Motor gegen die Kompression durchzuorgeln.
Getriebe abstecken, von altem Fett und Staub befreien und anschließend neu fetten.

Mit den Planetenrädern sollte man keinen Fußball auf dem Werkstattboden spielen, hier sind kleine Nadellager verbaut, die sonst schnell zerstört werden.

Starter für kleine Benzinmotoren haben oft kein solches Getriebe, hier ist das Drehmoment niedriger und die Drehzahl höher.
Das Stahlblechgehäuse wird nur durch die beiden langen Schrauben gehalten, daher lässt es sich nun einfach abnehmen und gibt auch den Rest des Anlassers, den Ein- und Ausrückmechanismus frei.

LEGO-Stecksystem: Wenn die Zuganker raus sind, lässt sich der Anlasser komplett zerlegen. Gut zu sehen: Der Einrückmechanismus. Falls der Starter…
… über ein Planetengetriebe zur Drehzahlreduzierung verfügt, so muss das natürlich…
… ordentlich gefettet werden.

Anlasser zusammenbauen

Den schwarzen Hebel, beziehungsweise dessen Ende, hatten wir schon nach dem Ausbau des Magnetschalters gesehen. Links von der von der Ausrückgabel sitzt das Ritzel (samt Freilauflager), welches in den Zahnkranz der Schwungscheibe eingreift und letztliche die Kraft auf den Motor überträgt. Rechts davon liegt das Planetengetriebe.
 
Nachdem alles gereinigt ist, kann man nun die notwendigen Ersatzteile beim Boschdienst, beim Teileonkel um die Ecke oder im großen Internet kaufen. Die Gleitlager in der Glocke, dem Planetengetriebe sowie dem hinteren Lagerschild sind eingepresst, lässt sich aber notfalls auch mit Schlitzschraubenzieher und Hammer ausbauen.
Beim Zusammenbau die Welle auf der das Ritzel läuft leicht einfetten, ebenso den Planetensatz und die beweglichen Teile der Ausrückgabel.

Das Einsetzen des Bürstenhalters erfordert noch ein bisschen Geduld und ein paar Zahnstocher, um die neuen Kohlen gegen ihre Federn gleichzeitig auf den Kollektor zu drücken, zu zweit geht es wie beim Feierabendbier deutlich besser als alleine. Anschließend das hintere Lagerschild montieren und testen, ob sich der Starter leicht drehen lässt, anderenfalls die Lager nochmals ein wenig nachsetzen.
Läuft der Starter im Schraubstock, wenn man Dauerplus anlegt und dann auf Klemme 50 brückt? Prima!

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